„Sie war immer da“ – eine neue Folge unseres Zeitreise-Podcasts
Seit dem 24. September 2023 kann unser neuestes Museumsgebäude bestaunt werden: Die Baracke aus Gschlachtenbretzingen (Gebäude 17). Sie erzählt die bewegte Geschichte der sogenannten Bessarabiendeutschen – deutsche Siedler, die zunächst nach Bessarabien (heute liegt das Gebiet teilweise in der Ukraine, teilweise in der Republik Moldau) ausgewandert sind und dort neue Siedlungen gründeten, in den 1930er-Jahren jedoch von dort vertrieben wurden und nach Deutschland zurückkehren mussten.
Die Baracke erzählt die Geschichte der Familie Flaig, stellvertretend für viele andere Familien, die eine ähnliche Reise auf sich nahmen. In einer Textausstellung werden die historischen Zusammenhänge genauer erklärt. Außerdem findet sich dort ein interessantes Ausstellungsstück: eine Holztruhe – allerdings nicht von der Familie Flaig …
„Weiss Oskar“, steht in der Truhe geschrieben, „Alt-Posttal“. Oskar Weiß war einer der bessarabiendeutschen Siedler. Er stammte aus der Kolonie Alt-Posttal, genauso wie die Familie Flaig. Sein Weg hat ihn bis nach Murrhardt geführt – mit seiner Truhe, die heute in unserer Ausstellung steht.
In der neusten Folge unseres Podcasts „Frei.Land.Museum“ berichten Hildegard und Michael Weiß, Tochter und Enkel von Oskar Weiß, über seine Geschichte und seinen Weg. Sie berichten von der Fahrt über die Donau, den Weg nach Preußen, die Flucht vor der Roten Armee bis hin zu der Reise der Familie bis Murrhardt. Denn Oskar Weiß reiste nicht allein: Seine Frau und seine beiden Söhne begleiteten ihn. Jüngste im Bunde ist Hildegard Weiß. Sie kam in Westpreußen zur Welt – im zarten Alter von 5 Monaten war sie auf der Flucht vor der Roten Armee dabei. Teile der Reise erzählt sie also aus ihrer Erinnerung, andere Teile kennt sie aus Erzählungen ihrer Verwandten. So berichtet sie von schweren Schicksalsschlägen, aber auch von fröhlichen Erinnerungen, wie ihrer Zeit in einem Heidedorf. Michael Weiß hört gespannt zu. Einige Geschichten seiner Tante kennt er selbst noch nicht.
Und die Truhe? Wie sie nach Murrhardt gekommen ist, wissen die beiden auch nicht mehr ganz genau. Ab Leipzig verliert sich die Spur, doch schließlich muss sie irgendwie im Hause der Familie gelandet sein. Dort stand sie jahrelang auf dem Dachboden, bevor sie ins Museum umgezogen ist. „Sie war immer da“, sagt Hildegard Weiß amüsiert. Wann sie gebaut wurde und was damit transportiert wurde, ist nicht mehr ganz klar. Heute ist sie jedoch ein lebendiger Zeuge einer bewegten Familiengeschichte.
Von der Familie Flaig steht ebenfalls eine Truhe im Flur der Baracke. Es finden sich ähnliche Aufschriften in ihrem Deckel, vor allem viele Zahlen. Vielleicht lassen sie sich noch entschlüsseln.
Neugierige können die Truhen in der Baracke begutachten oder mal direkt in unsere Podcastfolge reinhören, in der es nicht nur um die Umsiedlung geht, sondern auch um Landwirtschaft, Religion, Essen und viele Erinnerungen. Unsere Folge finden Sie unteranderem auf Spotify oder Amazon Music.